Pedro Pelz : « Es hängt alles immer von der Situation ab.»
Sind die besten Spieler am Ende des Satzes auch die Besten? Anders gesagt: Sind die besten Spieler die Besten, weil sie am Ende des Satzes den Unterschied machen? Ein Versuch einer Antwort mit der Analyse der NLA Herren 2019-2020.
Text: Luca Anthonioz
Erinnert ihr euch daran, als ein Match sich noch in zwei Gewinnsätzen entschied, welche bis 21 gingen? Wie viele andere Sportarten auch, hat sich das Tischtennis weiterentwickelt, um an Attraktivität zu gewinnen. Die Umstellung auf Sätze bis 11 Punkte ermöglichte eine Zunahme an knappen Sätzen, was sowohl für die Spieler als auch für die Zuschauer spannender ist. Die Satzenden sind entscheidender geworden, da sie stärker umkämpft sind wie mit dem alten System. Was ist also das Geheimnis in diesen Situationen? Soll man einen bestimmten Service aufbewahren? Soll man etwas riskieren oder lieber den Fehler des Gegners abwarten? Ist die Erfahrung ausschlaggebend? Oder handelt es sich vorwiegend um mentale Stärke? Wir werden versuchen, darauf zu antworten, indem wir die NLA Herren 2019-2020 analysieren.
Sind die besten Spieler am Ende des Satzes auch die Besten? Anders gesagt: Sind die besten Spieler die Besten, weil sie am Ende des Satzes den Unterschied machen? Wir haben die NLA Herren 2019-2020 anhand von zwei Statistiken analysiert; nämlich dem Prozentsatz der Siege von Sätzen mit zwei Punkten Abstand (stat1) und dem Prozentsatz der Siege von Sätzen ab 10-10. (stat2) Die Resultate sind sehr interessant und teilweise überraschend.
Wir wissen, dass die Satzenden sehr entscheidend sind, aber wie viele Sätze sind schlussendlich wirklich so knapp? David Zombori (48.6%) und Sam Boccard (47.5%) sind die Spieler, die am häufigsten Sätze haben, die nur durch 2 Punkte Unterschied entschieden werden. Pedro Osiro und Cedric Tschanz, beide aus Muttenz, sind die beiden Spieler, die mit 24,4% bzw. 25,3% am wenigsten knappe Sätze spielen. Wir können daraus schliessen, dass die knappen Sätze zwischen 25-50% der gespielten Sätze in der NLA ausmachen. Es handelt sich also um einen Aspekt, der nicht vernachlässigt werden sollte.
Pedro Pelz, Trainer von STT, hat uns die Taktik erklärt, die man anwenden sollte: «Es hängt alles von der Situation ab. Hast du geführt während des Satzes oder nicht? Führst du mit 2:0 oder liegst du hinten in den Sätzen? Wenn du 10-5 geführt hast und der Gegner kommt zurück, musst du etwas ändern und ein Risiko eingehen. Umgekehrt, wenn du aufholst, solltest du nicht ändern, was gerade funktioniert hat. Allgemein ist es immer ratsam, einen Service zu machen, den man wenig genutzt hat, mit dem man aber vertraut ist. Beim Rückschlag dasselbe, wenn du bisher immer kurz retourniert hast, könnte ein langer Schupf in den Wechselpunkt interessant sein. Aber auch hier: es hängt alles von der Situation ab.»
Lionel Weber, der im März 2020 seinen fünften Schweizermeistertitel geholt hat, blieb in der NLA in 19 Partien ungeschlagen. Er gewinnt 86% (stat1) und 93% (stat2) der knappen Sätze. Einfach nur unglaublich! «Das ist eine interessante Statistik, ich habe gar nicht gewusst, dass ich dieses Jahr so viele knappe Sätze gewonnen habe. Ich denke sicher, dass der mentale Aspekt sehr wichtig ist. In diesen entscheidenden Situationen muss man genug Selbstvertrauen haben und darf keine Angst zeigen. Auch sehr wichtig ist die Taktik. Wenn man während dem Satz herausfindet, dass etwas gut funktioniert, sollte man dies auch am Ende des Satzes anwenden. Ein geheimes Rezept gibt es aber meiner Meinung nach nicht, man braucht aber einen guten Instinkt.»
Sein Verfolger in den Statistiken hat knapp 55% der Spiele in der NLA gewonnen (14. Platz der Liga). Der Luganese Csaba Molnar erreichte 70% (stat1) und 83% (stat2). Der letzte Podestplatz geht an Elia Schmid für die stat1 (67.5%) und an Simone Spinicchia für die stat2 (64.3%). Drei der vier erwähnten Spieler sind auch auf dem Podest der besten Bilanzen der NLA. Wir tendieren also dazu, zu sagen, dass die besten Spieler auch am Ende des Satzes die Besten sind. Dennoch ist es nicht immer so, wie wir am Beispiel von Csaba Molnar sehen. Ein anderes krasses Beispiel ist Pekka Pelz vom TTC Neuhausen. Mit der zehntbesten Bilanz der Liga (61% Siege) zeigte er eine gute Saison in der NLA. Dennoch weist er in beiden untersuchten Statistiken die schlechtesten Werte auf. Während sein Prozentsatz in der stat1 (30.6%) nicht so weit entfernt ist von anderen Spielern, ist derjenige der stat2 katastrophal. Konkret heisst das: wenn ein Satz in die Verlängerung ging, gewann er gerade mal 11.1% davon.
Pedro hat uns auch die Resultate seines Sohnes kommentiert: «Diese Statistiken sind sehr interessant. Seit 7-8 Jahren ist Pekka mental sehr stark. Für mich ist es wichtiger, seine Bilanz der Entscheidungssätze anzuschauen. (5 Siege zu 2 Niederlagen) In Frankreich ist er am Ende der Sätze übrigens sehr gut. Da ich in Neuhausen Coach bin, ist es etwas ganz Besonderes. Diese Vater-Sohn Beziehung setzt in doppelt unter Druck. Ohne mich hätte er dieses Jahr mehr Spiele gewonnen. Dies ist auch der Grund, weshalb er nächste Saison den Club wechselt und zum TTC Will geht. So kann er seinen eigenen Weg gehen. »
Leider gibt es keine Zauberformel, die einem hilft, knappe Sätze für sich zu entscheiden. Es ist aber wichtig, die Situation zu verstehen, um eine Taktik zu entwickeln. In diesem Sinne sollte Erfahrung ein zusätzlicher Vorteil sein.
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