Afrika platziert sich auf der Tischtennis-Weltkarte
Die Präsenz von afrikanischen Athleten nimmt bei internationalen Veranstaltungen immer mehr zu. Sidespin wirft einen Blick auf diese Spieler, mit speziellem Augenmerk auf Hana Goda, die die Hoffnung eines gesamten Kontinents auf sich trägt.
Text: Luca Anthonioz / Fotos: Ittfworld
Im Tischtennis können wir die asiatische Vorherrschaft nicht leugnen. Ein Beispiel dafür: 12 der besten 20 Spieler der Welt kommen aus Asien, 5 davon stehen ganz vorne im Klassement. Bei den Frauen ist es noch beeindruckender: 17 der besten 20 Spielerinnen der Welt kommen aus Asien, davon stehen gleich 13 ganz vorne im Klassement. Europa versucht zwar immer wieder, dem «grossen Gegner» aus Asien das Leben schwer zu machen, aber die Aufgabe ist kompliziert. Sind die europäischen Akteure die Einzigen, die darauf hoffen können, den Spiess umzudrehen? Nicht unbedingt…
Seit einigen Jahren werden auf dem afrikanischen Kontinent grosse Anstrengungen unternommen, um Tischtennis populärer zu machen. So wurden zum Beispiel einige chinesische Trainer engagiert, um von ihrem Wissen zu profitieren. Die harte Arbeit trägt bereits erste Früchte, wie man am Niveau der besten afrikanischen Spieler, angeführt vom allseits bekannten Quadri Aruna, erkennen kann. Der 31-jährige Nigerianer ist in die Top 20 zurückgekehrt und hat die beste Platzierung seiner Karriere zurückerobert. (Rang 18 im März 2020, eine Platzierung, die er bereits im August 2018 erreicht hatte)
Wen gibt es noch? Zum einen natürlich den Ägypter Omar Assar (WR 38), zum anderen den Senegalesen Ibrahima Diaw (WR 69), den Ägypter Ahmed Saleh (WR 78) und den Nigerianer Olajide Omotavo (WR 92), welche die Top 100 komplettieren. Etwas weiter hinten finden wir auch noch den Ägypter Khalid Assar (WR 124) und den Kongolesen Saheed Idowu (WR 131). Es ist interessant zu sehen, dass abgesehen von Omar Assar, alle diese Spieler seit Oktober 2019 ihre beste Klassierung der Karriere erreicht haben. Drei davon haben dies sogar erst 2020 geschafft. Es ist also nicht illusorisch, daran zu glauben, dass sich diese Klassierungen noch weiter verbessern könnten.
Vielleicht noch interessanter als all diese Fortschritte sind die Nationalitäten der Spieler. In der Tat finden wir unter den sieben oben erwähnten Athleten vier verschiedene Länder. Dies ist ein wichtiger Indikator dafür, dass die Expansion und der Fortschritt des Tischtennissports den gesamten afrikanischen Kontinent betreffen.
Wen gibt es bei den Frauen? Sie sind nicht ganz so zahlreich vertreten und auch etwas schlechter klassiert wie ihre männlichen Kollegen, dennoch sollten sie nicht vergessen gehen. Die drei Ägypterinnen Dina Meshref (WR 32), Yousra Helmy (WR 99), Reem El Eraky (WR 135), die Nigerianerin Offiong Edem (WR 120) und die Kamerunerin Sarah Hanffou (WR 122). Ausser El Eraky haben sie alle im Jahr 2020 ihre beste Klassierung erreicht oder egalisiert. Dies ist ebenso ein gutes Zeichen für die Zukunft.
Und dann ist da vor allem das Wunderkind Hana Goda. Der 12-jährigen Ägypterin lastet die Hoffnung eines ganzen Landes, gar eines ganzen Kontinents, auf den Schultern. Und das aus gutem Grund, denn sie thront an der Spitze der U-15-Weltrangliste. Sie ist die erste Athletin aus Afrika, die eine ITTF-Rangliste anführt und dies, obwohl sie noch ganze drei Jahre in dieser Kategorie vor sich hat.
In Ihrem Palmares finden sich schon einige nationale und auch internationale Titel. Letztes Jahr, im Alter von 11 Jahren, überfiel sie beinahe schon die nationalen Meisterschaften. Die Triumphe in den U12-, U15- und U18- Kategorien reichten ihr nicht aus, so dass sie sich auch den «Luxus» gönnte, Farah Abdel Aziz (WR 158) im Finale des Elite-Wettbewerbs zu schlagen. Diese Erfolge öffneten ihr die Türen der Elite-Nationalmannschaft für die Mannschafts-Weltmeisterschaften 2020 in Busan (Südkorea):
«Ich bin sehr glücklich in der Elite-Nationalmannschaft von Ägypten zu sein. Eine der jüngsten Teilnehmerinnen bei der WM zu sein, bedeutet mir sehr viel. Ich denke, dass diese Erfahrung mir auch helfen wird auf meinem Weg zur Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris 2024. Mein Traum ist, an der Olympiade eine Medaille zu gewinnen und dafür arbeite ich hart.»
Vor diesem weit entfernten Termin erwartet Khaled El-Salhy, Präsident der Afrikanischen Föderation (ATTF), dass sie bei den Olympischen Jugendspielen (YOG) 2022 eine Medaille gewinnt. Zur Erinnerung: Lausanne war zu Beginn des Jahres Gastgeber der Winter-YOG. Die Sommer-YOG 2022 finden in der senegalesischen Hauptstadt Dakar statt. Eine grossartige Gelegenheit für Hana Goda, ihre schöne Geschichte weiter zu schreiben.
Auf der Tour wird sie weithin gelobt, neben ihrem Talent werden auch ihr strahlendes Lächeln und ihr Auftreten sehr gemocht. Und was für ein Temperament! In einem Live-Interview im Fernsehen Al Ahly zögerte sie nicht, ihren Landsmann Mohamed Salah, den berühmten Spieler des FC Liverpool, herauszufordern. Sie traf mit ihrer Kühnheit voll ins Schwarze, denn der Star antwortete und erklärte sich bereit, die Herausforderung „Goldene Hände vs. Goldene Beine“ anzunehmen. Das Spiel hat zwar noch nicht stattgefunden, aber das junge Wunderkind mit dem starken Charakter wird zweifellos einen der besten Fussballspieler der Welt beeindruckt haben.
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