Pedro Pelz: «In jeder Krise verbirgt sich auch eine Chance»
Pavel Rehorek: «Für einige Spieler habe ich Tische nach Hause transportiert»
Seit dem 11. Mai 2020 ist das Tischtennistraining in der Schweiz wieder erlaubt, sofern das von STT entwickelte Schutzkonzept eingehalten wird. Anwendungsbeispiel in Schaffhausen.
Text: Luca Anthonioz / Fotos: TTC Neuhausen
Endlich! Nach einer Zwangspause von etwa zwei Monaten wurde das Tischtennistraining wieder aufgenommen. Für diejenigen, die nicht in der Lage waren, zu Hause zu trainieren, ist die Rückkehr in die Sporthalle eine Erleichterung. Eine Rückkehr zu einer normalen Situation steht jedoch noch nicht auf der Tagesordnung. STT musste ein Schutzkonzept speziell für Tischtennis entwickeln. Zur Erinnerung: Dies wurde vom BASPO und vom BAG bestätigt. Sidespin wollte herausfinden, wie diese Übernahme in der Praxis abläuft und traf sich mit einem der besten Vereine des Landes, dem TTC Neuhausen.
(Interview vom 26. Mai 2020)
Was hältst du als Nationaltrainer und Coach in Neuhausen von der Wiederaufnahme des Trainings?
Pedro Pelz (Leistungssporttraining): Wir sind alle erst einmal sehr froh darüber jetzt wieder in einer Trainingsgruppe am Tisch trainieren zu können. Man merkt es den Spielern an das sie grosse Freude daran haben wieder gemeinsam in der Halle zu stehen. Ich finde es war der richtige Zeitpunkt um wieder zu starten.
Und wie sieht das dein Kollege Pavel Rehorek?
Pavel Rehorek (Vereinstraining): Natürlich wollen wir nach der langen Pause möglich alle Vereinsmitglieder berücksichtigen nicht nur die mit höchster Klassierung, sondern wirklich von Anfänger über Breitensport bis Senioren. Dass war natürlich eine Herausforderung gerade wegen der Gruppengrösse, aber nach unzähligen Emails und WhatsApp haben wir denke ich eine faire Lösung für alle gefunden.
Haben Sie innerhalb des Clubs eine Struktur geschaffen, um auf diesen Trainingsmangel zu reagieren (Training zu Hause, Videoanalyse, Fokus auf Strategie, …)?
Pelz: Ja, richtig. Die Spieler hatten alle ein Programm für Zuhause, sodass sie fit bleiben. Vieles auch Tischtennisspezifisch. Einige hatten auch ein Tisch Zuhause. Elias Hardmeier hat dafür den vereinseigenen Roboter bekommen und Mauro und Livio Schärrer haben sich einen Tisch für Zuhause gekauft. Es konnte teilweise also auch am Tischtennistisch gearbeitet werden. Das ist zwar kein Ersatz für das Gruppentraining, aber war doch sehr hilfreich in dieser Zeit. Mein Kollege Pavel Rehorek hat hier zudem sehr gute Arbeit geleistet und viele Videos und Trainingstipps für das Training Zuhause mit und ohne Ball versendet.
Rehorek: Wie bereits oben erwähnt einige haben ein Tisch zu Hause. Bei weiterem Spieler habe ich noch in diese Zeit Tisch nach Hause transportieren – von unsere Halle ausgeliehen. Wir haben versucht regelmässig in Kontakt zu sein mit unseren Spielern mit Empfehlungen, Tipps, Übungen, Ziele für Home Work.
Eine persönliche Anmerkung: Wie war Ihre Coaching-Arbeit in dieser Zeit? War es kompliziert oder konnten Sie diese Zeit im Gegenteil für neue Projekte/Gebiete nutzen?
Pelz: Ich habe viele Einzelgespräche geführt und mit den Spielern abgesprochen was zu tun ist. Die Spieler die ich betreue sind in der Regel alle schon selbständig genug um vieles auch in Eigenregie umzusetzen. Es ersetzt natürlich nicht das gewohnte wöchentliche Trainingsprogramm, aber so haben alle relativ schnell wieder in den Rhythmus gefunden. Es hat zu Trainingsbeginn lediglich eine Woche gedauert bis alle wieder auf einem sehr guten Level waren.
Ja richtig, aufgrund der ungewissen Situation habe ich einigen Spielern jetzt auch im Ausland einen zweiten Verein in einer hohen Liga vermittelt damit gewährleistet ist das sie auch ihre nötige Anzahl an Wettkämpfen haben. Ich gehe davon aus das Ligaspiele überall durchgeführt werden können, aber bei internationalen Turnieren, an denen unsere Nationalspieler Hardmeier und Schärrer beispielsweise teilnehmen, bin ich für das Jahr 2020 sehr skeptisch. Die könnten teilweise wegfallen und das fehlt ihnen dann.
Rehorek: Natürlich war und ist das eine sehr spezielle Situation. Wie bereits oben erwähnt war sehr wichtig ständig in Kontakt zu bleiben immer wieder auf neue motivieren. Ich selber habe die Zeit genutzt um diverse online Kurse zu absolvieren in Bereich Mental Training um weitere wertvolle Inputs für Zukunft zu sammeln.
Das Training läuft nun schon seit einigen Wochen. Wie läuft es in Ihrem Club? Was ist Ihre Organisation?
Pelz: Das lasse ich gerne auch Pavel beantworten, da er die beiden Trainingshallen in Schaffhausen und Neuhausen gut vorbereitet hat.
Rehorek: Gruppen gesplittet zum Vergleich «vor Corona» muss man mehrere Trainingszeiten anbieten für mehrere Gruppen was natürlich Vorteile und Nachteile mitbringt. In kleinere Gruppe kann man vielleicht mehr auf jeder mehr individuell schauen. auf andere Seite fehlt ein wenig auf Gruppen dynamic. Die Mitglieder / Spieler melden sich jeder Woche Sonntag an für kommende Woche so dass mann mehr kontrolle hat. Sonst als Verein stellen wir Desinfektion zur Verfügung etc. Die Halle wurde auch umgebaut, weil keine Garderobe für alle zur Verfügung steht, sondern jeder geht direkt zum «seinem» Stuhl.
Ist es schwierig, das STT-Schutzkonzept einzuhalten? Einige Aspekte beziehen sich auf die Reflexe (z.B. nicht das Abwischen der Hand auf dem Tisch) der Tischtennis-Spieler.
Pelz: Ja richtig. Am Anfang herrschte tatsächlich etwas Unsicherheit. Viele Abläufe die vorher selbstverständlich waren sind plötzlich nicht mehr erlaubt. Die Spieler schlichen sehr vorsichtig durch die Halle und die Stimmung war doch etwas befremdlich, aber diese Phase hat glücklicherweise nicht lange angedauert. Alles hat sich relativ schnell eingespielt und mittlerweile weiss jeder wie er sich zu verhalten hat und die Stimmung in der Gruppe ist wirklich sehr gut.
Rehorek: Ich hatte meine Bedenken wie das funktionieret bei unseren teilweisen sehr jungen Kindern, aber mann sagt nicht um sonst «die Kinder lernen schnell». Es gibt absolut keine Probleme auch bei den jüngsten (als Hilfe spielt eine Person immer mit weisse und andere mit orangen Bällen) und alle sind wirklich super disziplieret und sogar gegenseitig viel mehr aufmerksam als ev. früher.
Wie haben sich die Spieler auf diese neuen Massnahmen eingestellt?
Pedro: In meiner Trainingsgruppe sind mit Spielern wie Elias, Mauro, Livio, Numa, Celine, Filip, Matti, Lakith und weitere (es dürfen ja nur 8 in 2 4er Gruppen teilnehmen) hauptsächlich NL-Spieler oder Kaderspieler, insofern ging es hier relativ schnell und unkompliziert. Aufpassen musste ich hauptsächlich, dass die Spieler sich nicht beim regelmässigen Händewaschen zu nahe kommen. Da haben sie sich tatsächlich etwas schwer getan den Focus zu behalten. Aber auch das klappt mittlerweile ohne Probleme.
Pavel: In meiner Gruppe mit teilweise Kaderspieler U11 – U15, aber auch Clubspieler hat wirklich in Vorfeld jeder detaillierte Infos nach Hause erhalten und dann in erste Woche wurde alles paarmal wiederholt und es funktioniert wirklich ohne Probleme. Alle respektieren die Massnahmen und freuen sich, wenn noch besser wird (hoffentlich ab den 08.06).
Ist es schwierig, Spieler zu motivieren, wenn man weiss, dass die Wiederaufnahme von Wettkämpfen noch nicht definiert ist?
Pedro: Das ist tatsächlich keine einfache Situation momentan. Wir planen die Wettkämpfe zwar schon wieder, aber ob und ab wann es wieder losgehen kann wissen wir alle nicht. Ich gehe davon aus das Ligaspiele, auch unter Auflagen, problemlos hinzubekommen sind. Geisterspiele hatten wir ja leider teilweise auch schon vor der Krise. Man kann die Zeit jetzt natürlich auch sinnvoll nutzen um technische Fertigkeiten und Bewegungsabläufe zu verbessern und auf Kleinigkeiten achten. Auch das Aufschlagspiel ist ein Thema, besonders bei Mauro (lacht). Dafür bleibt oftmals keine Zeit wegen den vielen Wettkämpfen. Das sind jetzt unsere Ziele und unsere Motivation über den Sommer.
Pavel: Wir bereits oben von Pedro geschrieben – Ich rede mit jeder einzelne versuche es eher positiv präsentieren als Chance – 3-4 Monate ohne Wettkampf (fast jedes Weekend) sich auf die Technik zu konzentrieren und ev. Neues zu lernen oder dass was man kann mehr stabileren. Weil wenn das Fundament stabil ist kann man viel höher drauf bauen!
Die Corona-Krise ist noch nicht vorbei, und niemand weiss, wie die nächsten Wochen/Monate verlaufen werden. Was halten Sie als Trainer davon? Gibt es überhaupt etwas Positives dabei herauszuholen?
Pedro: Ja natürlich. Man sagt ja auch nicht zu Unrecht in jeder Krise verbirgt sich auch eine Chance. Einmal etwas herunterzufahren, inne zu halten und die Dinge vielleicht auch mal aus einem anderen Blinkwinkel zu betrachten kann sicher befruchtend sein und einen auch auf verschiedenen Gebieten Vorwärts bringen. Für mich persönlich war es, wie für viele, eine andere, aber nicht unbedingt schlechte Zeit. Jetzt hoffe ich aber, dass wir in nächster Zeit immer mehr zur gewohnten Normalität zurückkommen können. Das würde mich freuen.
Pavel: Wie bereits in mehrere Antworten geschrieben – es war / oder ist spezielle Zeit, aber ich habe wirklich diesen Zustand für mich und für meine Schützlinge immer versucht in positiven zu betrachten. Ich habe persönlich viel mehr Zeit in meine eigene Fitness investieret als vorher dazu habe Fortbildungen absolviert, bin auf neue Ideen gekommen welcher sollten unsere Spieler helfen und jetzt freue mich natürlich dass immer mehr Normalität kommt und ich freue mich auf jeder einzelne Training in Halle.
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