«Trotz Schädelhirntrauma an Schweizermeisterschaft teilnehmen»

munia screenshot«Trotz Schädelhirntrauma an Schweizermeisterschaft teilnehmen»

Vincenzo Munia führte ein normales Leben, als ein einschneidendes Unglück alles veränderte. Per Crowdfunding hat er nun Geld gesammelt, um sein Ziel von der Teilnahme an der Tischtennis-Schweizermeisterschaft für körperlich behinderte erreichen zu können.

Text: Annina Häusli / Foto: Screenshots

 

Plötzlich war alles anders. Als Vincenzo Munia (30) 22 Jahre alt war, hatte er einen schweren Snowboardunfall. In Engelberg stürzte er abseits der Piste 70 Meter in die Tiefe. Erinnerung daran hat er keine mehr. «Auch die drei Jahre davor sind weg», so Vincenzo Munia. Doch er hat wahnsinniges Glück, er überlebt. Die Diagnose: Ein Schädelhirntrauma. Drei Monate lag der in Wohlen AG aufgewachsene Munia im Koma, danach folgte ein Jahr in der stationären Reha. «Ich musste alles von Grund auf neu lernen, essen, sprechen, laufen», so Munia. Die Folgen des Unfalls sind ihm noch immer anzumerken: «Ich habe eine spastische, inkomplette Halbseitenlähmung», so Munia. Bis zu fünf Mal pro Woche geht er in Therapien, kämpft sich Schritt für Schritt ins Leben zurück. Dabei hilft ihm auch das Tischtennis.

 

Trotz halbseitiger Lähmung wieder selbstständig

 

Seit November lebt Munia alleine in einer eigenen Wohnung und bestreitet seinen Alltag grösstenteils alleine. «Das Kochen bereitet mir viel Spass und ich kann dabei die gelähmte rechte Hand sehr gut einsetzen», erzählt er.

 

Vor dem Unfall war Munia sehr sportbegeistert. Drei Mal pro Woche trainierte er im Fitnesscenter. Aber als halbseitig Gelähmter sei es schwierig, eine geeignete Sportart zu finden. Tischtennis ist eine der wenigen Sportarten, die Munia betreiben kann. «Am Tischtennis fasziniert mich das schnelle Spiel, die hohen koordinativen Anforderungen, sowie die Kombination von Technik und mentaler Stärke. Natürlich ist es für mich auch eine perfekte Gelegenheit, die Gehfähigkeit und die Konzentration zu trainieren sowie Leute kennenzulernen und Freundschaften zu pflegen», beschreibt Munia, was er an der schnellsten Rückschlagsportart der Welt schätzt. Durch Boubou Keller, einen Tennisspieler, der aufgrund einer Nervenkrankheit im Rollstuhl sitzt, kam er zum Tischtennissport.

 

Vor seinem Unfall hat er kaum je einen Tischtennisschläger in den Händen gehalten. Im vergangenen November begann er dann mit dem regelmässigen Training im Paraplegikerzentrum in Nottwil und in Willisau. Nationalligaspielerin Ramona Förstel vom TTC Rapid Luzern ist seine Trainerin.

 

Erfolgreiches Crowdfunding

 

Munia glaubt fest daran, dass er mit genügend Durchhaltevermögen sein Ziel, in zwei Jahren an den Schweizermeisterschaften teilzunehmen, erreichen kann. Die letzten zwei Monate hat er, um sich optimal auf seinen grossen Moment vorbereiten zu können, via Crowdfunding Geld gesammelt, um für Material-, Reise und Trainingslagerkosten aufkommen zu können. Das Crowdfunding verlief erfolgreich – mehr als 100 Unterstützer sprachen Munia insgesamt 10‘650 Franken, mehr als 2000 Franken als Munia gehofft hat.

 

Auch beruflich hat er sich nach seinem Unfall umorientieren müssen, auf seinem gelernten Beruf als Metallbauschlosser konnte er nicht mehr weiter arbeiten: «Seit 2017 bin ich verantwortlich für die Administration des Facebookauftrittes bei Procap Sektion Freiamt.» Procap ist der grösste Invalidenverband der Schweiz mit rund 20.000 Mitgliedern in 50 Sektionen.

 

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