Porträt Cédric Tschanz

Cedric Tschanz
Cédric Tschanz im neuen Nati-Trikot
«So einen Alltag will ich haben»

Cédric Tschanz ist oben angekommen. Der 18-Jährige hat in Muttenz den Sprung ins Nationalliga-A-Team geschafft, ist Nationalspieler geworden und erstmals A20 klassiert. Ziele gibt es aber noch ganz viele.

Text: Stefan Kleiser / Fotos: zvg (privat)/Tesla Tabletennis

 

Seine Saison hätte nicht besser beginnen können: Mit einem Turniersieg. Am 25. August grüsste Cédric Tschanz nach der YSZ Competition von ganz zuoberst vom Podest. Im Halbfinal war dem 18-Jährigen auch ein Erfolg über Lionel Weber, die Nummer eins der Schweiz, gelungen. Es war ein Sieg über denjenigen Spieler, der ihn als 11-Jährigen zum Tischtennis verführte. «Ich sah auf Tele Basel einen Bericht über Rio Star Muttenz und Lionel, als sie Meister wurden, und bin in ein Schnuppertraining gegangen.»

 

Inzwischen hat der Sportschüler aus dem Gymnasium Liestal die Differenz zu Weber wettgemacht. Bereits im Mai war es ihm gelungen, den NLA-Teamkollegen zu besiegen: Am Ranglisten-Finalturnier, das er zum ersten Mal gewann. Es war der bisher grösste Erfolg in seiner Karriere. Zuvor hatte der Aufsteiger der letzten Saison auch bei der Team-WM debütiert, wo er eine 3:4-Bilanz erzielte. Die NLA-Meisterschaft schloss er mit 24 Siegen und 19 Niederlagen ab. Und ist darum erstmals A20 klassiert. In der neuen Saison sollen es sogar 70% Siege werden – und der Teamtitel.

 

Ganz schnell alles aufgeholt

 

Der rasche Aufstieg in die nationale Spitze war nicht vorherzusehen. «Ich habe erst spät mit Tischtennis begonnen», erzählt Cédric Tschanz im Hinterhof eines Cafés in Basel bei einem Süssgetränk. Der Teenager kommt von der Physiotherapie. Zwei bis drei Mal im Monat lasse er «alles lockern, damit ich weniger verletzungsanfällig bin». Anfangs 2017 musste er wegen einer Sehnenentzündung am Knie drei Monate auf Sport verzichten. Eine mühsame Sache. «Es ging zwei Jahre, bis alles komplett weg war.»

 

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Cédric Tschanz fand nicht auf Anhieb zum Tischtennis. Zunächst spielte er im Verein Fussball, dann Tennis. Das habe er anfangs bei den Basiselementen gemerkt, erzählt er. «Ich musste alles nachholen in möglichst kurzer Zeit.» Vom Tennis habe er bloss profitiert bei der Schlagbewegung, beim Ballgefühl, bei einfachen Spielzügen. Inzwischen ist Tschanz B-Kader-Athlet und steht neben der Schule 20 Stunden pro Woche zum Training in der Halle. Sein Traum: Die Schweiz 2024 an den Olympischen Spielen vertreten.

 

Nachdenken und besser werden

 

Der Weg nach Paris ist weit. «In zwei Jahren in der Weltrangliste unter den ersten 200 sein wäre dafür eine gute Basis», beschreibt Cédric Tschanz den vorgesehenen Fahrplan. An der Weltmeisterschaft habe er gemerkt, dass er gegen Spieler aus dieser Rankingregion gewinnen könne. «Aber noch nicht regelmässig.» Die Gegner hätten mehr Erfahrung, wie sie in schwierigen Situationen agieren müssten, und sie seien viel konstanter. «Ich muss nun überlegen, wie ich trainiere, damit ich noch besser werde.»

 

Weggehen? Cédric Tschanz übte im Sommer sechs Wochen in China. Und vor einem Jahr durfte er in der Schule ein Semester auslassen, um im Reich der Mitte an Fortschritten zu feilen. Eine «einzigartige Ausnahme» sei das gewesen, erklärt er. Initiiert von ihm selbst. In China sei die Quantität der Trainings einfach besser, «und die Qualität auch». Ein paar Vokabeln hat er in Shanghai, wo seine Trainer Yang Chengbowen und Hu Jiashun aufgewachsen ist, auch gelernt: «Guten Tag, wie geht es?, das will ich nicht oder wie heisst du?», schmunzelt Tschanz.

 

«Ohne Arbeit kriegt man nichts»

 

Im Ausland zu spielen und Tischtennis zum Beruf zu machen, das könnte sich Cédric Tschanz gut vorstellen. 2020, nach dem Gymnasium. «Es ist nicht gesagt, dass ich in zwei Jahren schon so weit bin. Aber ich versuche in diese Richtung zu gehen. Im Tischtennis weisst du nie, ob du gewinnst oder verlierst. Es gibt viele, die trainieren, und doch wird nur einer Schweizer Meister.» An der letzten SM scheiterte Tschanz schon im 1/16-Final am schwächer eingestuften Innerschweizer Philip Merz. Also gilt: Weiter lernen, noch mehr machen.

 

«Ohne Arbeit kriegt man nichts. Das wurde mir schon immer so vermittelt», erzählt Cédric Tschanz. «Ich zähle mich eher zu den Arbeitern. Aber ab einem gewissen Niveau sind das alle.» Seine Woche sei geprägt von Sport und Schule, «daneben ist fast keine Zeit für anderes». Ausser für etwas Basketball mit Kollegen. Das Trommeln hat er nach sieben Jahren für mehr Tischtennis aufgegeben. Er sei öfter in der Schule oder in der Halle in Muttenz als zu Hause in Hölstein. «Das ist anstrengend, aber perfekt. Ich will so einen Alltag haben.»

 

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