Adieu Maître Jacques! Jacques Secrétin, die französische Tischtennis-Ikone ist tot.
Ironie des Schicksals, dass am 25. November 2020 zwei Ballvirtuosen und Ballkünstler schlechthin, das Fussballgenie Diego Maradona und der Tischtennis-Zauberer Jacques Secrétin, verstorben sind.
Secrétin war der wohl attraktivste Tischtennisspieler der 1970er Jahre, er wurde 1976 Europameister im Einzel, 1977 Weltmeister im Mixed-Doppel mit seiner langjährigen Partnerin Claude Bergeret und schliesslich holte er 1980 in Bern den Europameister-Titel im Doppel mit Patrick Birocheau. Sein besonderes Talent bestand darin, die sogenannte Ballonverteidigung zu perfektionieren. Mit hohen Topspinbällen, die er mehrere Meter hinter dem TT-Tisch spielte, brachte er den Gegner zur Verzweiflung. Sein Ballgefühl war so phänomenal, dass manche Ballwechsel fast unwirklich schienen. Es gab Spieler, die zwar härter schlagen konnten, beispielsweise der Schwede Kjell Johansson («der Hammer») und es gab solche, die kompletter waren, wie der Tscheche Milan Orlowski, aber es gab nur einen (einzigartigen) Jacques Secrétin. Ihm war eine unglaubliche Athletik eigen und als Linkshänder nutzte er die Vorteile, die sich daraus ergaben. Schreiben lernen musste er allerdings mit der rechten Hand, so gebot es die damalige Zeit…
Nach der WM 1987 beendete er seine internationale Profikarriere, kehrte aber in den 1990er Jahren mit seiner legendären Tischtennisshow zurück ins Rampenlicht, eine Show, die er mit Vincent Purkart, seinem französischen Partner, perfektionierte und mit der er mehr als 4’000mal (!) weltweit das Publikum begeisterte. Claude Bergeret, 1977 Mixed-Doppel Weltmeisterin mit Secrétin, erinnert sich: „Als ich Jacques zum ersten Mal traf, war ich 15 Jahre alt, seither verband uns eine enge Freundschaft. Nebst dem gemeinsamen WM-Titel war da auch die berühmte Show von Jacques und Vincent, wo ich jeweils als Schiedsrichterin amtete. Mit dieser Show reisten wir zusammen um die Welt. Jacques war aus sportlicher Sicht ein lebhafter, positiver und unkomplizierter Mensch, der das Leben liebte. Uns verband eine tiefe und aufrichtige Freundschaft. Wir waren uns immer nahe, auch wenn wir weit weg waren“. Für seine Verdienste wurde er 1994 mit dem Kreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet. Bereits 1977, nach dem WM-Titel im Mixed-Doppel, hatte die französische Post eine Briefmarke in millionenfacher Auflage ausgegeben.
Da kommt mehr als Nostalgie auf, denn was Jacques Secrétin dem Publikum und seinen Mitspielern jahrelang präsentierte, war schlicht fantastisch. Persönlich hatte ich 1974 die Chance, mit ihm ein Exhibitionsmatch zu bestreiten. Dafür bin ich dankbar.
Thomas Sadecky (Autor des Beitrags) ist mehrfacher Schweizer TT-Meister und Präsident der Schweizer Sektion des Swaythling Clubs (Club ehemaliger NationalmannschaftsspielerInnen)