Handisport – Interview

Silvio Keller bei den Paralympics in Tokio / Credit: Keystone SDABehindertensport-SM mit Elite-SM kombinieren: „eine Bereicherung und die beste Werbung für den gesamten Tischtennissport“

Im August 2021 nahmen Silvio Keller und Nationaltrainer Philipp Zeugin in Tokio an ihren dritten Paralympischen Spielen teil. Sidespin traf die beiden, um über diesen Wettbewerb und die aktuelle Situation zu sprechen.

 

Text: Luca Anthonioz / Fotos: Keystone SDA & René Zwald

 

Silvio Keller wurde am 22. April 1983 geboren und ist mehrfacher Schweizer Meister im Tischtennis für Behinderte. Er ist seit einem Badeunfall im Jahr 2002 querschnittsgelähmt und hat an zahlreichen Welt- und Europameisterschaften teilgenommen. Im Jahr 2019 erzielte er sein bestes Ergebnis auf internationaler Ebene mit einer grossartigen Bronzemedaille bei den Europameisterschaften in Helsingborg (SWE). Im vergangenen Jahr nahmen sie gemeinsam mit Nationaltrainer Philipp Zeugin an ihren dritten Paralympics in Tokio teil (in der Gruppenphase ausgeschieden). Sidespin blickt auf diesen Wettbewerb und auf Tischtennis für Behinderte im Allgemeinen zurück.

 

Die Qualifikation hat lange auf sich warten lassen (Drafting in letzter Minute). Wie habt ihr die Paralympischen Spiele in Tokio erlebt?

S.K. : «Ich hatte nicht mehr damit gerechnet in Tokio dabei zu sein. Ich war im Urlaub als ich 5 Tage vor Abflug erfuhr, dass ich Nachnominiert wurde, weil ein anderer Spieler verletzungsbedingt nicht teilnehmen konnte. Resultatmässig bin ich nicht ganz zufrieden mit meiner Leistung. Trotzdem werde ich die Spiele in guter Erinnerung haben. Wir hatten eine super Stimmung im Schweizer Team. Leider konnten keine Zuschauer zu den Spielen kommen.»

P.Z. : «Die Nomination für die Spiele war sehr kurzfristig. Es ging mit der Vorbereitung sowie der Anreise alles sehr schnell und es kam mir manchmal vor wie in einem schönen Traum und ich hatte Angst aufzuwachen. Wegen den strengen Auflagen betr. Covid haben wir ausser dem Flughaben, Athletendorf und Wettkampfort nichts gesehen.»

 

Was sind nach drei Olympiaden eure schönsten Erinnerungen? Was macht diesen Wettbewerb so besonders?

S.K. : «Alle drei waren schön. London war noch etwas spezieller, weil es meine ersten waren und sehr viele Schweizer Fans zur Unterstützung dabei waren.»

P.Z. : «London 2012. Olympisches Diplom von Silvio Keller und die zahlreichen angereisten Familienmitglieder, Freunde und Fans von Silvio. Die Unterstützung war einmalig.»

 

Was sind nun die nächsten Ziele?

S.K. : « Medaille in Paris 2024! »

P.Z. : «Meinen Nachfolger Fabrice Descloux als neuen Nationalmannschaftstrainer bei seiner Einarbeitung unterstützen.»

 

Wie steht es derzeit um das Tischtennis für Behinderte (Struktur, Ausbildung, Athleten, etc.)?

S.K. : « Die Breite fehlt uns. Ansonsten ist es schon und wird immer noch professioneller.»

P.Z. : «Die Grundlagen betr Strukturen und Ausbildungen sind vorhanden. Die grösste Herausforderung ist wie in vielen anderen Sportarten Menschen für den Tischtennissport zu gewinnen und zu begeistern.»

 

Tischtennis für Behinderte leidet oft unter mangelnder Medienpräsenz. Im Jahr 2020 fanden die Schweizer Meisterschaften der Behindertensportler zum ersten Mal gleichzeitig mit der SM Elite statt. Dies wird auch im März 2022 in Crissier der Fall sein. Wie ist ihr Blick darauf? Seht ihr weitere Verbesserungsmöglichkeiten?

S.K. : «Ich fand es gut, dass die Meisterschaften zusammen stattfanden. Ich hoffe es wird auch in Zukunft so sein.»

P.Z. : «Das wichtigste ist im Moment die Kontinuität. Es muss in Zukunft eine Selbstverständlichkeit sein, dass beide Wettbewerbe gemeinsam ausgetragen werden. Ist eine Bereicherung und beste Werbung für den gesamten Tischtennis-Sport.»

 

Silvio Keller gewinnt die 2020 Schweizermeisterschaften im Behindertensport / Crédit: René Zwald

 

 

 

Weitere Artikel in dieser Sidespin-Ausgabe: