Die Krankheit während des Sports vergessen

Unter dem Namen «Ping Pong Parkinson» ist der TTC Neuhausen daran, eine neue Trainingsgruppe aufzubauen. Die fortschreitende Verschlechterung der Symptome der Parkinson-Krankheit wird durch das Spielen von Tischtennis verlangsamt.

 

Text und Foto: Schaffhauser Nachrichten/Pascal Oesch

 

Ältere Sportinteressierte erinnern sich vielleicht an die Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele 1996: Muhammad Ali entzündet in Atlanta die Flamme. Beim früheren Boxer war zwölf Jahre zuvor die Parkinson-Krankheit diagnostiziert worden; das Zittern während der Zeremonie zeugt davon.

2017 gründete Nenad Bach in den Vereinigten Staaten eine Non-Profit-Organisation namens «Ping Pong Parkinson» – verbunden mit dem Ziel, Tischtennis als eine Form der physikalischen Therapie bei der neurodegenerativen Erkrankung einzusetzen.

Mittlerweile hat sich das Projekt auch in Europa ausgebreitet. «Beim Tischtennis kann man sehr spezifisch an der Koordination arbeiten», sagt Johann Schuler, Trainer beim TTC Neuhausen. Schuler ist seit jeher in der Sportbranche tätig. Neben seinem Engagement beim TTCN arbeitet er auch für die Rheumaliga und Pro Senectute.

In Luzern ist innerhalb kurzer Zeit eine grosse Parkinson-Trainingsgruppe entstanden. Und eine solche wollen die Verantwortlichen in Neuhausen ebenfalls aufbauen.

Maya Mühlemann hatte von der Geschichte in der Zentralschweiz gehört und den Verein angefragt, ob sie mitspielen kann. In Stein am Rhein wohnhaft, wurde bei der ausgebildeten Primarlehrerin vor fünf Jahren Parkinson diagnostiziert. Sie ist eine von rund 15000 betroffenen Menschen in der Schweiz. Während der sportlichen Aktivität lässt sich die Krankheit vergessen. «Weil man immer in Bewegung ist, ist der Tremor nicht da», sagt sie. Der Körper befindet sich von Sekunde zu Sekunde in einer anderen Lage – und der Kopf muss mitdenken.

Klare Visionen beim Club

Gelinge ihr im Training etwas, habe sie Freude, erzählt Mühlemann.

Neben ihr ist mittlerweile eine zweite Person mit Parkinson zum TTC Neuhausen gestossen. Pro Woche ist eines oder zwei Trainings angesetzt – gemeinsam mit den Senioren.

Trainer Johann Schuler ist daran, das Angebot publik zu machen. Hausärztinnen und Hausärzte werden informiert, ein Anfang ist gemacht. Bildet sich eine Gruppe, will Schuler ein separates Training anbieten. «Als Club haben wir auch eine gesellschaftliche Aufgabe», sagt Urs Schärrer, Co-Präsident des TTCN. Als der Vorschlag im Raum stand, war für den Vorstand schnell klar, dass er hier einen Beitrag leisten will.

Wissenschaftlich untermauert

Es ist wissenschaftlich belegt, dass Tischtennis einen positiven Effekt auf den Krankheitsverlauf hat.

Neben der unmittelbaren gesundheitlichen Auswirkung hat «Ping Pong Parkinson» zudem das Betreuungspotenzial einer Selbsthilfegruppe. Das proaktive Spielen hat einen durchweg positiven Einfluss auf alle wichtigen Behandlungsziele der physikalischen Therapie. Sportliche und gesundheitliche Aspekte korrespondieren mit der Begeisterung für Tischtennis. «Nach dem Training ist das Körpergefühl eindeutig besser», sagt Maya Mühlemann.

Zuletzt war sie aber auch anderweitig aktiv, wanderte dreieinhalb Wochen lang durch die Schweiz. Mühlemann startete in Basel und verbrachte anschliessend eine Nacht in Porrentruy. Von dort aus absolvierte sie den «Trans Swiss Trail», der sie bis ins Tessin führte – nach Airolo. In Reinach im Baselbiet aufgewachsen, war sie stets ein Bewegungsmensch: Volleyball oder Velofahren – das gehörte zu ihren bevorzugten Aktivitäten. Mit Tischtennis kam die heute 70-Jährige bis anhin nur an der Schwelle zum Erwachsenenleben in Berührung – in Form eines kurzen Intermezzos bei Rio-Star Muttenz. Rund fünf Dekaden später ist Maya Mühlemann Mitglied beim TTC Neuhausen. Und mit ihr schlägt der Verein ein neues, interessantes und sinnvolles Kapitel in seiner Chronik auf.

«Ping Pong Parkinson»-Trainings jeweils am Donnerstag, 9 Uhr, Tischtenniszentrum Ebnat, Ebnatstrasse 35, Schaffhausen.

Ansprechpartner: Johann Schuler, E-Mail: schuler-johann@gmail.com