Das Frauentischtennis in der Schweiz befindet sich im Umbruch, und der Regionalverband Association Vaud Valais Fribourg (AVVF) zeichnet sich besonders durch sein Engagement für die Spielerinnen aus. Mit einem deutlichen Anstieg der Zahl der Lizenznehmerinnen ist der AVVF dabei, sich als Motor für die weibliche Entwicklung in diesem Sport zu positionieren. Doch welche Faktoren tragen zu diesem Erfolg bei?
Text: Raouf Morsi / Foto: René Zwald
Eine Dynamik in vollem Aufschwung
Der AVVF verzeichnet einen deutlichen Anstieg der Zahl der lizenzierten Frauen, ein Trend, der sich besonders in der Ligue Romandie Dames (LRD) widerspiegelt. Diese in der Schweiz einzigartige und exklusiv vom AVVF angebotene Liga hat die Anzahl der Mannschaften innerhalb einer Saison verdoppelt, von drei auf sechs Mannschaften zwischen 2023/2024 und 2024/2025. Dieser Erfolg ist insbesondere auf die Bemühungen des AVVF-Vorstands zurückzuführen, der die Nachfassaktionen bei den Vereinen intensiviert und einen speziellen Spielkader für Frauen strukturiert hat.
Laut Bertrand Veuthey, Technische Kommission und Vorstandsmitglied des AVVF, ist diese Erhöhung eine Gelegenheit, die Präsenz von Frauen im Tischtennis zu stärken. Der Verband habe grosse Anstrengungen unternommen, um diese Begeisterung zu stimulieren, insbesondere durch regelmässige Nachfragen bei den Vereinen.
Standpunkt des CTT Martigny
Auf Vereinsebene gibt es verschiedene Initiativen, um mehr Frauen zu integrieren. Nehmen wir das Beispiel des CTT Martigny: Die Investition in einen Trainer hat es ermöglicht, das Training der Damen zu stabilisieren und zu strukturieren. Obwohl der Anstieg der Zahl der Lizenznehmerinnen bescheiden bleibt (etwa eine zusätzliche Spielerin pro Jahr), ist die Wirkung des Coachings spürbar. Mit Unterstützung des CTT Sion wurde zum ersten Mal eine Damenmannschaft gegründet.
Trotz der hohen Kosten eines Trainers für einen kleinen Verein ist der Return on Investment nicht zu vernachlässigen: Mehr Mitglieder bedeuten mehr Einnahmen, also mehr ehrenamtliche Helfer, und eine bessere Sichtbarkeit, um Sponsoren und städtische Zuschüsse zu gewinnen.
Die AVVF ist sich der logistischen Einschränkungen bewusst, die durch die grossen Entfernungen zwischen einigen Clubs entstehen. In dieser Saison wurde beschlossen, die Begegnungen in Lausanne zu zentralisieren, wodurch die Reisewege optimiert und eine breitere Beteiligung gefördert werden können.
Vereine, die sich für die Entwicklung von Frauen einsetzen
Der Lausanne Club Tennis de Table (LCTT) veranschaulicht die Dynamik mit aussagekräftigen Zahlen: Von 440 Mitgliedern sind 74 Frauen, darunter 21 Lizenznehmerinnen. Der Club verfügt heute über drei Damenmannschaften (STTL, Ligue Romande 1 und 2) und bietet ein wöchentliches Training ausschliesslich für Spielerinnen an, wodurch ihr Fortschritt und ihre Integration in die Wettkampfmannschaften gefördert werden.
Ein Schlüsselelement dieses Erfolgs ist die Anwesenheit einer Haupttrainerin, Fanny Risse, die als einzige Angestellte des Vereins arbeitet. Ihre Rolle geht über den technischen Bereich hinaus; sie ist eine Bezugsperson und Motivatorin für die jungen Spielerinnen. Ihre Wirkung wird durch Aussagen wie die der STTL-Spielerin Helen Rutherford unterstrichen, die im LCTT ein freundliches und wohlwollendes Umfeld vorfand, das ihr die Integration in die Schweiz erleichterte:
„Als ich in die Schweiz zog, konnte ich überhaupt kein Französisch und kannte niemanden, aber ich konnte Tischtennis spielen, also dachte ich, das wäre ein guter Ausgangspunkt! Ich suchte nach Vereinen im Kanton Waadt und sah, dass es in Lausanne an einem Sonntag im August einen Kurs nur für Frauen gab, also meldete ich mich einfach an und ging hin (und bin nie wieder weggegangen!). Ich denke, es ist einfacher, als Frau mit Veranstaltungen speziell für Frauen anzufangen, da es manchmal zugänglicher erscheint, unabhängig vom eigenen Niveau oder den eigenen Fähigkeiten.
Besonders toll war es, dass es auch eine weibliche Trainerin gab, denn das ist nicht sehr üblich und schafft eine andere Atmosphäre und ein anderes Umfeld, die sehr positiv und wohlwollend sind. Ich denke, dass Frauen es schätzen, Teil einer Gemeinschaft zu sein und Zeit mit anderen Frauen mit ähnlichen Interessen zu verbringen.“
Raluca Constantin, Leiterin des STTL-Teams, hebt die einzigartige Atmosphäre des Clubs hervor:
„Die Tatsache, dass wir so viele Frauen haben, schafft eine besondere Dynamik. Wir unterstützen uns gegenseitig, machen gemeinsam Fortschritte und teilen einen echten Teamgeist. Das spornt uns an, über uns hinauszuwachsen und unser Engagement fortzusetzen.“
Ein Bedarf an Strukturierung in grösserem Massstab
Auch wenn die lokalen Initiativen Früchte tragen, bleibt eine grosse Herausforderung bestehen: die Verteilung der Spielerinnen auf Vereine, in denen sie manchmal isoliert sind, weil es keine weiblichen Partner gibt. Camila Da Silva, die beim LCTT für Veranstaltungen und Events zuständig ist, betont, wie wichtig es ist, regionale Schwerpunkte zu schaffen, um das Spielangebot für Frauen zu strukturieren.
Ziel wäre es, jungen Spielerinnen einen dynamischen Rahmen zu bieten, in dem sie gemeinsam trainieren, sich gegenseitig motivieren und von einer echten kollektiven Emulation profitieren können. Dieser Ansatz würde es auch ermöglichen, Talente mit dem Potenzial, auf höhere Ebenen wie die NLB aufzusteigen, zusammenzubringen, indem ihnen ein ihren Ambitionen entsprechendes Wettbewerbsumfeld geboten wird.
Eine weitere Herausforderung ist die Anerkennung der Leistungen von Frauen. Heute sind die Wettkämpfe häufig gemischt, was es schwierig macht, Spielerinnen in den Vordergrund zu stellen. Fanny Risse plädiert für mehr reine Frauenveranstaltungen, die es den Spielerinnen ermöglichen, in ihrer eigenen Kategorie zu glänzen.
Ein kollektiver Ehrgeiz für die Zukunft
Der Aufschwung des Frauentischtennis im AVVF ist das Ergebnis einer kollektiven Arbeit, die Spielerinnen, Trainerinnen und Vereinsleiterinnen einbezieht. Auch wenn grosse Fortschritte erzielt wurden, gibt es noch Herausforderungen, die bewältigt werden müssen, um eine dauerhafte und strukturierte Entwicklung zu gewährleisten.
Die Herausforderung besteht nun darin, die Kontinuität dieser Initiativen zu gewährleisten, indem die Vereine ermutigt werden, zusammenzuarbeiten, um regionale Zentren zu bilden, die Sichtbarkeit der Spielerinnen zu erhöhen und geeignete Wettkampfmöglichkeiten zu schaffen. Es liegt nun an allen Beteiligten, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen, um den Frauentischtennissport dauerhaft in der Schweizer Sportlandschaft zu verankern.