Am 3. April 2024 hat Michel Tschanz überraschend seinen sofortigen Rückstritt als STTL-Präsident, NL-Präsident und ZV-Mitglied erklärt. In der Folge hat der STTL-Vorstand Dich zum STTL-Präsidenten a. i. ernannt. Mit diesem Interview wollen wir der Schweizer TT-Community über die Hintergründe für diese überraschende Entwicklung, aktuellen Herausforderungen und mögliche Zukunftsszenarien informieren.
1) Welcome back – Du warst einer der Gründer der Nationalliga und vor der STTL-Gründung zusammen mit Michel Tschanz Co-Präsident der Nationalliga. Warum führen wir dieses Interview mit Dir als STTL-Präsident a. i.?
US: Als Michel Tschanz seinen sofortigen Rücktritt als STTL-Präsident erklärte, drohte zunächst ein Vakuum in der Führung der STTL. Weil das zusammen mit Ringier Sport ausgearbeitete STTL-Projekt verschoben werden musste, bestand gleichzeitig ein hoher kurzfristiger Handlungsbedarf. Vor diesem Hintergrund wurde ich von mehreren Seiten gebeten, diese Rolle vorübergehend zu übernehmen. Der STTL-Vorstand hat mich in der Folge als Interim- Präsident nominiert. Weil meine Aufgabe bis am 7. Juni 2024 befristet ist, habe ich zugesagt.
2) Die STTL-Vereine wurden am 3. April 2024 über die Verschiebung des STTL-Projektes informiert. Wie ist es Dir dabei ergangen?
US: Ich hatte jetzt ein paar Tage Zeit, diese negative Nachricht zu „verdauen“. Verständlicherweise war die Stimmung bei den STTL-Vereinen „im Keller“ und es war wohl für alle – auch für mich – nicht nachvollziehbar, weshalb das Projekt so kurz vor dem „Big Bang“ verschoben werden musste. Zwischenzeitlich kennen wir die Ursachen und hatten Zeit, uns über die Zukunft Gedanken zu machen. . In den kommenden Wochen werden wir Klarheit haben.
3) Per 15. April 2024 haben sich gleich vier STTL-Vereine aus der STTL zurückgezogen. Wil und Veyrier bei den Herren und Wädenswil und Münsingen bei den Damen haben ihre Teams zurückgezogen. Gibt es einen Zusammenhang mit dem STTL-Projekt?
US: Die namentlich erwähnten Vereine haben so entschieden. STTL-seitig war uns wichtig, dass die STTL-Vereine vor dem 15. April über den Sachverhalt und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Saison 2024/25 informiert sind. Bei den Herren steigen mit Carouge und Meyrin zwei Genfer Vereine in die STTL auf, bei den Damen sind Rio Star Muttenz und Lausanne die neuen STTL-Teams.
4) Welche Punkte sind unklar?
US: Der STTL-Vorstand hat am 26. April 2024 beschlossen, der GPK ein Mandat zu erteilen, um den Sachverhalt unabhängig zu untersuchen und die bestehenden Unklarheiten zu verifizieren. Die GPK arbeitet unabhängig und wird die Ergebnisse ihrer Untersuchung zum gegebenen Zeitpunkt der DV STT rapportieren.
5) Wie geht es nun mit dem STTL/Ringier Sport Projekt weiter?
US: Das wissen wir heute nicht. Die Türen von Ringier Sports sind weiterhin offen für eine künftige Zusammenarbeit. Klar ist, dass dieses – oder ein modifiziertes Projekt – auf eine viel breitere Basis gestellt werden muss, um die dafür erforderlichen Investitionen finanzieren zu können. An der STTL-Kammer-Versammlung vom 7. Juni 2024 werden die STTL-Vereine einen Grundsatzentscheid fällen, in welche Stossrichtung weiter gearbeitet werden soll. Der STTL-Vorstand wird seine Überlegungen mit den STTL-Vereinen teilen. Klar ist, dass für die Neuaufsetzung eines solchen Grossprojektes 12 bis 18 Monate Zeit einkalkuliert werden muss.
6) Gibt es auch noch einen positiven Aspekt aus dieser Angelegenheit?
US: Danach muss man in der Tat suchen. Aber als optimistisch eingestellte Person gibt es trotz allen Widrigkeiten m. E. ein paar positive Aspekte. Zu erwähnen ist die zukünftige Führungsstruktur der STTL, die die STTL-Vereine besser miteinbeziehen muss, ein adäquates Controlling mit „Checks und Balances“ und die Übernahme von mehr Kompetenzen und Verantwortung der STTL-Vereine. Es gibt bereits entsprechende Vorschläge, die am 7. Juni 2024 diskutiert werden. Damit könnten die STTL und die STTL-Vereine für die Zukunft gestärkt werden. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass wir mit der Grundausrichtung des STTL-Projektes grosses Interesse geweckt haben, d. h. es besteht Potenzial – sofern wir dafür die Grundlagen schaffen – das Produkt „Schweizer Spitzentischtennis“ zu vermarkten. Sofern es gelingt, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, könnten wir in ein paar Jahren eventuell doch noch zu einem positiven Fazit kommen.