Interview STT-Präsident

Pascal Giroud (rechts im Bild) mit dem NL-Präsident Christian FoutrelPascal Giroud: «Ich will, dass unser Sport auf allen Gesellschaftsebenen anerkannt wird.»

Pascal Giroud ist nun seit einem Jahr Präsident von Swiss Table Tennis. Rückblick auf ein besonderes Jahr für den 63-jährigen Walliser.

 

Text: Luca Anthonioz / Foto: Jacques Troeder

 

Gibt es noch ein Amt, das Pascal Giroud nicht ausgeübt hat? Die Frage ist gar nicht so abwegig für Pascal Giroud, der sich stets stark für das Tischtennis eingesetzt hat. Spieler und Kapitän, Vereinsgründer und -präsident, Walliser Präsident und Vize-Präsident des AVVF, Präsident der Nationalliga und nun Verbandspräsident: der Anhänger des kleinen Balls bekleidete in seiner ganzen Karriere zahlreiche Ämter. Nach einem Jahr in seiner neuen Funktion teilte er Sidespin seine Eindrücke mit:

 

Was sind ihre Eindrücke nach einem Jahr als Präsident?

Als ich dieses prestigeträchtige Amt antrat, als eine Art Krönung eines Lebens, das ich meiner Leidenschaft widmete, dachte ich nicht, dass es so viele Herausforderungen zu bewältigen geben würde, und zwar aus menschlicher aber auch aus technischer Sicht. Bei einer solchen Funktion ist es äusserst wichtig, auf die richten Leute zählen zu können. Es ist ein echter Lernprozess, ein eigenständiger Beruf, bei dem man unter allen Umständen in der Lage sein muss, einen kühlen Kopf zu bewahren. Das ist nicht immer einfach, denn manchmal gewinnen die Gefühle Oberhand über das Management. Die Verbandsmitglieder haben ausserdem immer grössere Erwartungen und man muss ihnen ständig ein offenes Ohr bieten und bestmöglich auf ihre Anliegen eingehen. Es ist eine äusserst abwechslungsreiche und packende Aufgabe.

 

Zur Erinnerung: Sie traten das Amt in einer schwierigen Zeit an, als intern zahlreiche Probleme vorlagen. Wie haben Sie das erlebt?

Ich erwartete effektiv nicht, mein Amt in einem solchen Durcheinander anzutreten. Zuerst musste ich das Problem der Geschäftsführung lösen, die für einen Verband eine Schlüsselstelle ist. An meiner ersten Versammlung bekam ich dann einige verletzende Worte zu hören. Obwohl der genaue Sachverhalt des Präsidiums noch nicht vollständig geklärt war, erlaubten sich einige, die neue Geschäftsführerin und mich selbst hart zu kritisieren. Wie soll man da ohne grossen Wirbel zu machen auf Fragen eingehen, die wir aufgrund unserer damaligen Unerfahrenheit noch gar nicht vollständig zu beantworten vermochten?

 

Als wäre das nicht genug, kam dann in der Saison 2019-2020 auch noch das Coronavirus Covid-19 hinzu. Eine solche Situation gab es noch nie, und es war bestimmt nicht einfach, damit umzugehen.

Bei weitem nicht. Als Mitte März beschlossen wurde, alles zu stoppen, gab es viele Fragen im Verband, bei den Vereinsführungen und deren Mitgliedern. Es gab ein gewisses Unverständnis, man distanzierte sich aber auch von dieser Sachlage. Nach vielen Diskussionen und Ungewissheiten in Bezug auf das Vorgehen im Zusammenhang mit einem solchen Virus konnten wir eine Vorgehensweise finden, die als Grundlage vom Bundesrat auferlegt und dann unseren eigenen Bedürfnissen angepasst wurde. In Situationen, die wir heute erleben, ist es sehr schwierig, auf alle Fragen einzugehen, da wir selbst das Ende dieser Situation nicht absehen können. Dann müssen sich auch die Vereine der Situation anpassen und ihre Verantwortungen wahrnehmen, denn wir können ihnen kein Wundermittel vorschlagen. Dazu wurde auf der Verbands-Homepage ein Roter Faden zum Thema Coronavirus eingerichtet. Alle können sich darauf beziehen und dabei Anpassungen für den eigenen Verein vornehmen.

 

Die Saison 2020-2021 hat nun begonnen und alle hoffen, dass sie zu Ende gespielt werden kann. Sind Sie zuversichtlich? Ist der Verband vorbereitet, falls die Wettkämpfe erneut gestoppt werden müssen?

Ich bin recht zuversichtlich, denn die Vereine haben den Begriff der sozialen Distanz mit allem, was damit zusammenhängt, verinnerlicht. Solange das Problem nicht gelöst ist, müssen die Massnahmen unbedingt eingehalten werden, denn nur dann können die verschiedenen Wettkämpfe problemlos durchgeführt werden. Falls es zu einem neuen Stopp kommt, werden die unbeabsichtigt gemachten Anfangsfehler glücklicherweise nicht mehr gemacht. Was bereits unternommen wurde, wird uns auch künftig mit den entsprechenden Korrekturen nützlich sein.

 

Was sind Ihre prioritären Projekte als STT-Präsident? Können Sie uns diese aktuellen Arbeitsschwerpunkte ein bisschen erläutern?

Recht viele Projekte werden mit der Zeit prioritär.  Die Freizeitlizenz, mit der die Generationen näher rücken sollen, unabhängig davon, ob eine Lizenz gelöst wurde oder nicht. Ich glaube, damit könnte unsere Familie grösser werden. Das Clubforum, mit dem wir wichtige Ideen zum Wohle des Tischtennis sammeln können. Doch auch die Umstrukturierung des Verbands ist wichtig, mit der wir uns auf neue solide Grundlagen abstützen können, wobei wir uns auch die von meinen Vorgängern bereits geleistete Arbeit zu Nutze machen können, wofür ich ihnen danke. Alle diese Punkte sind äusserst wichtig, um unseren Sport in Zukunft vorwärtszubringen.

 

Wie sieht Ihre Vision für STT mittel- oder langfristig aus? Welche Ambitionen haben Sie für die Zukunft von STT?

Meine Vision ist langfristig ausgerichtet. Die oben erwähnten Projekte voranzutreiben und zu sehen, wie sie sich entwickeln, das ist für mich und die damit beschäftigten Arbeitsgruppen bestimmt die schönste Belohnung für diese ganze Truppe, in der es nur so von guten Ideen wimmelt.

Was meine Ambition anbelangt, die als repräsentativ für unseren Sport zu verstehen ist, möchte ich, dass unser Sport auf allen Gesellschaftsebenen anerkannt wird, denn es genügt nicht, «Pingpong» auf dem Schulhof, am Strand und unter Freunden zu spielen. Man soll um uns herum sagen, dass es schon toll sei, was man mit einem so kleinen Ball alles machen kann, und dass Wettkämpfe auf einem so hohen Niveau ausgetragen werden. Das alles mit dem Ziel, das auch andere Verbände verfolgen, neue Mitglieder aufzunehmen, die sich damit identifizieren können und uns die Anerkennung entgegenbringen, die wir verdienen.

 

Glauben Sie, dieses Amt noch lange auszuüben?

(Lacht) Ja, damit ich den Beitrag leisten kann, der mir am besten liegt (da lasse ich Sie wählen), vorausgesetzt natürlich, dass man mich nicht vorher abwählt. Doch Spass beiseite, ich möchte wirklich weitermachen, um diese so wichtige Anerkennung zu erlangen.

 

Sie gelten als loyal und aufrichtig. Genügt es – als guter Walliser – alle Konflikte in einem Gespräch mit einer guten Flasche Wein zu lösen?

Die Loyalität ist für mich ein Pluspunkt, denn ich täusche niemanden und ich bringe dieser beängstigenden und gleichzeitig tollen Funktion meinen vollen Respekt entgegen.

Meine Aufrichtigkeit gefällt nicht allen, denn ich bin sehr direkt und muss noch lernen, diplomatischer zu sein, um neue Konflikte zu vermeiden. Als verletzend empfinde ich, dass man mich manchmal vor vollendete Tatsachen stellt und mir keine Gelegenheit für eine Gegendarstellung gibt, das ist frustrierend. So kann ich Dinge wieder gut machen und die anderen Akteure mit ihren Anliegen besser verstehen. Das Amt als Verbandspräsident ist somit eine gute Mischung aus all diesen Kompromissen und gibt mir die Möglichkeit, von der Verschiedenheit der mich umgebenden Leute zu profitieren.

 

Ich möchte allen Akteuren danken, die sich in unserem wundervollen Sport – dem Tischtennis – einbringen. Allen voran der Geschäftsführerin und der ganzen Geschäftsstelle für ihre unablässige Arbeit. Den Zentralvorstandsausschuss-Mitgliedern für alle Gespräche und Ideen, die meistens zu guten Lösungen führen. Allen, die sich auf nationaler, regionaler und kantonaler Ebene um die Mannschaften aller Altersklassen kümmern. Ich möchte hier auch die Vereinsverantwortlichen nicht vergessen mit allen ihren Mitgliedern, die sich ehrenamtlich in einem ungezwungenen Umfeld engagieren, sei dies intern oder im Rahmen von Grossveranstaltungen, die sie durchführen. Euch allen danke ich herzlich. Nur wenn wir alle am gleichen Strang ziehen, bekommt unser Sport Respekt und Anerkennung. Es gäbe noch viel zu sagen, aber es ist nun an der Zeit, dass Sie unseren schönen Sport ausleben.

 

Was die Frage zu den Gesprächen mit einer guten Flasche Wein nach Walliser Art betrifft: so kommt eine gute, gesunde und weniger steife Stimmung auf. Somit können auf diese Weise viele Probleme gelöst werden, die häufig auf Missverständnissen beruhen. Unsere geltenden Reglemente müssen aber selbstverständlich eingehalten werden.

 

Es lebe das Tischtennis und es lebe unser Verband.

 

Freundliche Grüsse

 

Pascal Giroud

Präsident STT

 

 

 

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