Mehrere Jahre Plastikball

IMG 0023ITTF- Messungen zeigen: Der Einfluss wird wohl überschätzt

In Deutschland verschwindet der Zelluloidball ab kommender Saison endgültig aus allen Ligen. Die Schweizer TischtennisspielerInnen haben das bereits hinter sich: Schon seit fünf Jahren spielen sie nur noch mit Nicht-Zelluloidbällen – umgangssprachlich „Plastikbälle“ genannt.

Messungen des Internationalen Tischtennisverbandes (ITTF) quantifizieren nun Rotation und Absprungverhalten der neuen Bälle.

 

Text: Thomas Neuenschwander / Foto: Daria Lehmann

 

Als auf internationaler Ebene die erste Generation der Plastikbälle zum Einsatz kam, stiess sie bei den Profis auf wenig Begeisterung: Kritisiert wurde die schlechte Qualität und sehr unterschiedliche Spieleigenschaften der verschiedenen Ballmarken. Manche Spieler seien deshalb so verunsichert, dass sie „einen richtigen Knacks kriegten“, sagte Timo Boll im Interview mit der FAZ. Auch die Zahl der Bälle, die während einem Spiel kaputt gingen, sprach für sich. Die Qualität der Nicht-Zelluloidbälle wurde aber verbessert und heute hat sich die Diskussion beruhigt. Dennoch bleiben die Spieleigenschaften der Bälle ein Thema.

Systematische Messungen durch ITTF

Der Internationale Tischtennisverband begann gemäss Dr. Torsten Küneth von der ITTF-Materialkommission vor zwei Jahren mit Messungen, um die Reibung zwischen Tisch und Ball systematisch zu ermitteln. Diese Messungen wurden sowohl mit Zelluloid- als auch Plastikbällen (1. und 2. Generation) durchgeführt. Ein nicht weiter überraschendes Ergebnis war: Derselbe Ball zeigte auf unterschiedlichen Tischoberflächen durch die abweichende Reibung ein unterschiedliches Rotations- und Absprungverhalten. Unterschiede in Rotation und Absprung resultierten auch wenn auf dem gleichen Tisch unterschiedliche Bälle verwendet wurden. „Diese Variation ist jedoch geringer als diejenige beim gleichen Ball auf unterschiedlichen Tischen“, sagt Küneth.

Tischoberfläche spielt eine grosse Rolle

Die Plastikbälle verändern somit das Spiel bezüglich Rotation und Absprungverhalten nicht so stark, wie es die unterschiedlichen Tischoberflächen tun – und schon vor der Einführung des Plastikballs taten! Oder etwas zugespitzt ausgedrückt: Die Spieler machen wohl manchmal den (Plastik-)Ball verantwortlich, wenn eigentlich der Tisch schuld ist. „In der Summe können Plastikbälle und unterschiedliche Tische zusammen aber dennoch ein „Zuviel“ für die Spieler ergeben“, erklärt Torsten Küneth. Die ITTF entwickelt deshalb zurzeit ein Testgerät, um die erwähnten Messungen fortzuführen. Danach soll analysiert werden, ob die Variation in der Reibung zwischen Ball und Tisch – und damit die Variation in Absprung und Rotation – beschränkt werden muss.

Gemäss Küneth sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Plastikbällen zwar grösser als zwischen Zelluloidbällen. Dies nicht zuletzt, weil der Zelluloidball viele Jahrzehnte Entwicklungsvorsprung hat. Der Materialexperte geht aber von einer Annäherung der verschiedenen Plastikbälle aus: «Der Markt wird sich langfristig in Richtung eines von der Mehrheit der Spieler als „gut“ empfundenen Balles orientieren.»

 

 

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