Porträt Patricia Maiz Calle

Patricia Maiz Calle

„Als Schiedsrichterin lernt man, Verantwortung zu übernehmen“

„Tischtennis-Schiedsrichter werden nur alte Männer“ ist nur eines von vielen Vorurteilen, mit denen die Offiziellen in der Schweiz während ihrer Arbeit konfrontiert werden. Dass diese nicht immer stimmen, beweist Patricia Maiz Calle. Die junge Romande ist erst 21 Jahre jung, kann aber bereits auf sechs Jahre Erfahrung als Schiedsrichterin zurückblicken.

 

Text: Annina Häusli / Foto: René Zwald

 

«Mit 15 Jahren habe ich im AGTT eine Ausbildung zur Nachwuchs-Schiedsrichterin absolviert, was mir sehr gefallen hat», erinnert sich Patricia zurück. «Ich weiss gar nicht mehr genau, warum, es gab die Möglichkeit, und ich habe sie wahrgenommen», schmunzelt sie. Der AGTT ist zurzeit der einzige Regionalverband, der dieses Programm für Nachwuchs-Schiedsrichter und -Schiedsrichterinnen anbietet.

 

Als sie 18 Jahre alt wurde hat sie dann auch die Voraussetzungen erfüllt, eine nationale Schiedsrichterin zu werden. Bereits ein Jahr später folgte der nächste Schritt – im Rahmen eines ITTF-Projekts zur Förderung von jungen Schiedsrichtern und Schiedsrichterinnen konnte sie eine verkürzte Ausbildung zur Internationalen Schiedsrichterin (ISR) absolvieren. Im Rahmen der Ausbildung absolvierte sie die Prüfung, die sie Ende 2017 online ablegte. Von denjenigen, die die Prüfung bestanden, wurden zehn junge Schiedsrichter aus verschiedenen Ländern ausgewählt, um an die Olympischen Jugendspielen in Buenos Aires zu reisen – Patricia war eine davon. «Es war eine tolle Erfahrung, wo ich viel lernen konnte», erinnert sie sich. Auch lernte sie dort andere junge Schiedsrichter kennen – in der Schweiz gehört sie mit ihren 21 Jahren zu den jüngsten Unparteiischen.

 

Als Frau in einer Männerdomäne, und das ist das Schiedsrichterwesen in der Schweiz (auf 116 Männer kommen gerade mal 11 Schiedsrichterinnen), hat Patricia aber keine Probleme. Dass Spieler ihre Entscheidungen nicht akzeptieren wollen, komme natürlich vor, aber: «Wenn Spieler mir gegenüber respektlos sind, dann rechne ich das nicht dem Fakt zu, dass ich eine Frau bin», meint Patricia. «Als Schiedsrichterin lernt man, verantwortungsbewusst zu sein, respektvoll mit anderen umzugehen, und vor allem lernt man die Tischtennisregeln kennen», so die junge Romande.

 

Die negativen Erfahrungen, eben wenn ein Spieler sein Fehlverhalten nicht einsehen will, werden aber von den positiven bei weitem überstrahlt. So durfte sie im Februar am Europe Top 16 Cup in Montreux mehrere Spiele leiten.  Nervös sei sie gewesen, erzählt sie. Auch sei es stressig gewesen, weil sie noch nie zuvor Spiele mit mehreren Bällen (der Ball wird nach jedem Ballwechsel von einem Ballkind eingesammelt, der Schiedsrichter wirft dem Aufschläger einen neuen Ball zu) und mit einem Touchpad für die Eingabe des Spielstandes geleitet habe. «Aber die anderen Schiedsrichter waren sehr nett zu mir und haben mir geholfen, so dass ich alle Einsätze gut über die Bühne brachte», schmunzelt sie. Im März durfte sie dann an der SM in Genf den Herren-Final leiten, was für sie eine grosse Ehre war.

 

In dieser Saison hat Patricia erstmals keine Lizenz mehr gelöst. «Turniere und Meisterschaften interessieren mich nicht mehr, das Schiedsrichtern macht mir mehr Spass», erklärt sie. Natürlich nehme sie noch ab und zu selbst den Schläger in die Hand, aber neben der Uni habe sie keine Zeit mehr für ein regelmässiges Training.

 

 

Weitere Infos zur Schiedsrichter-Ausbildung in der Schweiz finden Sie hier.

 

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