Porträt Timothy Falconnier

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«In jedem Training Gas geben, dann kommt es gut»

An der Platte ist der 12-jährige Timothy Falconnier oft einen Kopf kleiner als seine Gegner. Dafür hat der Oberwiler umso grössere Ziele. Der talentierteste Nachwuchsspieler von Swiss Table Tennis will dereinst an den Olympischen Spielen teilnehmen.

 

Text: Stefan Kleiser / Fotos: zvg/René Zwald (Archiv)

 

«Ich brauche etwas, worauf ich hinarbeiten kann», sagt Timothy Falconnier. Das Ziel des Oberwilers: Einmal Profi im Ausland sein oder dort Studium und Sport verbinden. Er träumt von der Teilnahme an der Weltmeisterschaft und an den Olympischen Spielen. Im Juli wird er in Ostrava die Jugend-EM in der Kategorie U15 bestreiten. Um Erfahrungen zu sammeln, wie er erklärt: «Denn ich kann ja noch lange U15 spielen». Timothy Falconnier ist erst 12 Jahre alt.

 

Im April ist der Sechstklässler U13-Schweizer-Meister im Einzel und Doppel geworden. Es ist nicht die erste Goldmedaille, die er gewonnen hat. Auch am Top 8 hat er diese Saison den ersten Platz belegt. «Ich geniesse jeden Titel», erzählt der erfolgsgewohnte Junior. «Aber nur für einen kurzen Moment.» Nach der Schweizer Meisterschaft sei er «mega erleichtert» gewesen. «Auch am Abend noch. Aber am nächsten Morgen schon nicht mehr. Ich darf mich nicht ausruhen.»

 

«Er ist gut und investiert viel»

 

Zu Besuch im Training. Im «Bunker», einer ehemaligen Zivilschutzanlage, in der sein Verein Rio Star Muttenz durchgehend zwei Tische aufgestellt hat, arbeitet Timothy Falconnier mit Nationaltrainer Samir Mulabdic an weiteren Verbesserungen. Auf dem Programm stehen Balleimerübungen, Ecke-Ecke, kurz-lang. Weil er ebenfalls in Oberwil aufgewachsen ist, wurde Falconnier auch schon mit Tennisstar Roger Federer verglichen. Und als das «grosse Nachwuchstalent» bezeichnet.

 

Ist Timothy Falconnier das Jahrhunderttalent, das Tischtennis in der Schweiz populär macht? «Er ist gut, sonst würden wir nicht zusammen arbeiten», antwortet der Nationaltrainer. «Aber ein Jahrhundertalent?» Mulabdic schmunzelt: «Vielleicht ein Wochentalent». Im Tischtennis gibt es immer noch bessere, und von nichts kommt nichts, nicht einmal bei Falconnier. «Er investiert mehr als andere. Und wer mehr investiert, der bekommt auch mehr Möglichkeiten. In der Schweiz ist Timothy auf jeden Fall ein Talent. Aber er trainiert ja nicht nur, um Schweizer Meister zu werden.»

 

Schon das erste Mal in der NLA

 

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Mit einer Klassierung von B13 startete Timothy Falconnier im letzten Sommer in die Saison. Im Januar wurde seine Klassierung auf B15 angehoben, im Herbst wird er schon A17 eingestuft sein. In zehn Monaten hat er beinahe 200 Elo-Punkte dazugewonnen. «Das ist sicher gut», meint der Nachwuchsathlet. «Nur kannst du dir von den Elo-Punkten nichts kaufen. Aber man erkennt daran sicher meine Entwicklung.» Im November 2017 bezwang Timothy Falconnier mit Robin Mühlebach (Döttingen) erstmals einen A-klassierten Gegner. «Das hatte ich nicht erwartet», gesteht er.

 

Auch in der Nationalliga A stand der 12-Jährige bereits ein erstes Mal im Einsatz. Am 17. Februar. «Am Tag vorher hatte ich noch in der Nationalliga C gespielt. Ich dachte: Okay, morgen mache ich einmal eine Pause.» Dann kam das Aufgebot, weil zwei andere Spieler krank ausfielen. Er sei sehr nervös gewesen, erinnert sich Timothy Falconnier. «Aber nur vorher. Im Match ist das weg, dann konzentriert man sich auf das Spiel. Und in der Nationalliga A hat ja niemand etwas von mir erwartet.»

 

Bald an der Sportschule Baselland

 

Es setzte die zwei erwarteten Niederlagen ab. Doch es waren keine gewöhnliche Tischtennismatches. «Als Nachwuchsspieler gehst du normalerweise an ein Nationalliga-A-Spiel, um zuzuschauen. Wenn du dann selbst spielst und die Zuschauer dich anfeuern, dann ist das schon anders.» Überhaupt müsse er gegen Erwachsene sein Spiel verändern, erklärt Falconnier, der gewöhnlich für Muttenz in der NLC antritt. «Erwachsene haben andere Hebel und mehr Kraft. Sie sind technisch weiter – und taktisch auch.»

Wie viel besser er noch werden muss, um seine Ziele zu erreichen, das hat Timothy Falconnier zuletzt im Februar am Top 16 in Montreux gesehen, wo er zum zweiten Mal als Balljunge im Einsatz war. Ab August wird er die Sportschule Baselland in Muttenz besuchen und dann zwei zusätzliche Zeitfenster zum Trainieren erhalten. Schon heute steht der 12-Jährige rund 20 Stunden in der Woche an der Platte. «Unter der Woche habe ich keine Zeit für anderes», erzählt Falconnier. Vor eineinhalb Jahren hat er auch das Schlagzeug weggestellt.

 

Besser werden als der Trainer

 

«Das Schlagzeug spielen hat mir schon Spass gemacht. Aber Tischtennis hat Priorität», erklärt Timothy Falconnier. Für die nächste Saison ist der Aufstieg mit der zweiten Mannschaft von Muttenz in die Nationalliga B vorgesehen, nachdem der Oberwiler zuletzt in der NLC 27 seiner 36 Einzel gewonnen hat. Daneben wird er weiter am persönlichen Fortschritt arbeiten, bis er besser ist als sein Trainer im Club: Es ist Lionel Weber, der amtierende Schweizer Meister. So lange vorauszuplanen, ist das nicht schwierig? «Wenn man in jedem Training Gas gibt, dann kommt es gut», ist Timothy Falconnier überzeugt.

 

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Der junge Übungsleiter

Die Karriere von Timothy Falconnier hat im Tischtennisclub an seinem Wohnort Oberwil begonnen. Inzwischen trainiert der Nachwuchsspieler zwar im benachbarten NLA-Verein Muttenz. In seinem Stammclub ist er aber immer noch aktiv – als Trainer. Der TTC Oberwil hat ein «Systemtraining für Hobbyspieler» aufgezogen und Falconnier gefragt, ob er es leiten würde. Anfangs ging ein Schmunzeln durch die Runde, als den Teilnehmern der Trainer vorgestellt wurde, erinnert sich der 12-Jährige. Auch in der Teammeisterschaft war das manchmal so. «Aber inzwischen kennt mich in der Nationalliga C jeder.» Kein Wunder, bei einer Bilanz von 27:9 Siegen. Das Erwachsenentraining in Oberwil, das etwa einmal im Monat stattfindet, leite er sehr gerne, erzählt Timothy Falconnier. Schwierig findet er das Unterrichten auch nicht. «Es ist das, was meine Trainer mit mir machen. Ich muss es einfach gut planen.»

 

 

 

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