Trainings-Tipp: Das Erlernen des VH-Topspins mit Hilfe einer methodischen Übungsreihe
Der Vorhand-Topspin zählt zu den komplexeren Schlägen im Tischtennis. Kindern im Training dabei zu helfen, sich diesen Schlag anzueignen, stellt Trainerinnen und Trainer immer wieder vor Probleme.
Text, Foto und Videos: Dirk Lion
Der Vorhand-Topspin zählt zu den komplexeren Schlägen im Tischtennis. Kindern im Training dabei zu helfen, sich diesen Schlag anzueignen, stellt Trainerinnen und Trainer immer wieder vor Probleme. Dies liegt meiner Erfahrung nach daran, dass ihnen die Technik oft selbst nicht völlig klar ist oder dass sie den bzw. die Hauptfehler im Bewegungsablauf nicht sehen. Um Kindern von Anfang an die richtige Technik beizubringen, eignet sich – wie bei nahezu allen anderen Schlägen – eine sogenannte methodische Übungsreihe.
Bewegungserfahrung ohne Ball ermöglichen
Der Tischtennisball macht unseren Sport unheimlich schnell. Für Kinder häufig zu schnell, wenn sie dazu auch noch Beine, Hand und die Augen mit dem ankommenden Ball koordinieren müssen. Daher ist es ratsam, Kinder zunächst die Bewegung erfühlen zu lassen, so dass sie diese unter vereinfachten Bedingungen verinnerlichen können. Versuchen Sie zu Beginn, die Bewegungsvorstellung durch zwingende Situationen zu vermitteln sowie das Erfühlen der Streifbewegung des Balles zu ermöglichen.
Hierzu bieten sich mehrere Settings an, idealerweise in Form eines Stationsbetriebes:
- Station 1: Zwei Langbänke stehen schräg an einer Sprossenwand. Die Bänke sind so weit auseinander, dass dazwischen ein Tennisball passt. Das Kind stellt sich nun in der richtigen Position an die Bank und spielt den Ball nach oben. Das Schlagende befindet sich vor dem Kopf und wird noch zusätzlich durch eine Kappe („Kapitänsgruß“) verdeutlicht.
- Station 2: Banden auf dem Tisch: Zum weiteren Erfühlen der Schlagbewegung eignen sich zudem Banden auf dem Tisch, so dass Kinder an der Bande entlang die Bewegung erfühlen und diese vor dem Kopf enden lassen. Auch hier eignet sich eine Kappe als Hilfestellung zum Erfühlen des richtigen Schlagendes.
- Station 3: Kasten + Spinball: Der Kasten dient dem Kind als Hilfe, um den Schlaganfang zu erfühlen. Der Spinball wird schräg vor dem Körper im goldenen Dreieck gehalten und dient zum Erlernen des Streifens des Balles. Zunächst ist auch ein Setting ohne Kasten möglich, falls beides zunächst zu schwierig für das Kind ist. Auch hier kann zusätzlich die Kappe aufgesetzt werden, so dass dann der Schlagansatz, der Balltreffpunkt und das Schlagende erfühlt werden können.
Durch die Hilfsmittel Spinball, Kasten, Kappe, Banden und Langbank erhalten Kinder ein Gefühl für die Bewegungsebene und das Streifen des Balles. Ausweichbewegungen werden durch die Fixierung des Schlagansatzes (Kasten), der Bewegungsebene (Langbank bzw. Bande) und des Schlagendes (Kappe) vermieden. Im Anschluss an diese Vorübungen wird mit Hilfe folgender Methodik vorgegangen.
Methodische Reihe zum Erlernen des Vorhand Topspins
Schritt 1: Indirektes, eigenes Einspiel von hinter dem Tisch zum Erlernen des VH-Topspin
Das Kind lässt den Ball von einiger Entfernung hinter dem Tisch selbstständig fallen und spielt diesen dann mit der erlernten Bewegung auf/über den Tisch. Der Vorteil: Das Kind bestimmt selbst das Tempo, wann es bereit ist den Ball zu spielen und kann die komplexe Bewegung zunächst mit einem größeren Bewegungsumfang ausprobieren. Die Kappe kann hier weiterhin als Hilfsmittel angezogen werden.
Schritt 2: Eigenes, indirektes Einspiel am Tisch
Das Prinzip ist dasselbe wie bei Schritt 1, nur dass der Ball in diesem Fall auf dem Tisch aufspringen gelassen wird.
Schritt 3: Balleimereinspiel durch den Trainer
Im nun folgenden Schritt spielt der Trainer den Ball (aus der diagonalen!) als Schupf mit leichtem Unterschnitt in die Vorhand-Seite des Kindes und das Kind zieht einen Vorhand-Topspin. Der Trainer spielt ca. 8-16 Bälle ein, macht eine kurze Pause und spielt dann erneut mehrere dieser Serien ein. Sollten Fehler am Schlagansatz, Balltreffpunkt oder Schlagende auftreten, benutzt er die entsprechenden Hilfsmittel, die beim Stationsbetrieb bereits zum Einsatz kamen.
Schritt 4: Vom diagonalen zum parallelen Spiel
Wie Schritt drei, nur hat das Kind nun die Aufgabe, einen Ball diagonal und einen Ball parallel zu spielen. Hierzu können als Platzierungshilfe Zeitungen eingesetzt werden. Je nach Spielstärke kann der Schwierigkeitsgrad durch verkleinern/vergrößern der Zeitung angepasst werden. So wird das Üben, neben einem visuellen Hilfsmittel für das Kind, auch mit mehr Aufforderungscharakter durchgeführt.
Schritt 5: Vom Spiel aus einer Position zum Spiel aus der Bewegung
Der Trainer spielt weiterhin den Ball diagonal aus der Vorhand ein. Die ersten vier Übungsformen fanden zur Vereinfachung mehr oder weniger aus einer Position/aus dem Stand statt. Das Kind steht in Schritt fünf nun in der Grundstellung und muss zunächst einen Side-Step aus der Grundstellung machen, um an den Ball zu kommen. So gewinnen Kinder von Beginn an ein Bewegungsgefühl. Übungen sollten grundsätzlich frühzeitig aus der Bewegung erlernt werden, nachdem die ersten Vorübungen und Schritte abgeschlossen sind.
Fazit
Mit Hilfe dieser Schritte und Vorübungen erhalten Kinder die Möglichkeit, sich die Topspin-Bewegung Schritt für Schritt anzueignen. Die Bewegungserfahrung zunächst durch Vorübungen zu erfühlen hat sich in der Praxis als äußerst fruchtbar erwiesen. Gerade Trainerinnen und Trainer, die den Topspin vielleicht selbst nicht oder nicht gut vormachen bzw. erklären können, haben mit Hilfe dieses Vorgehens die Möglichkeit, Kindern vielfältige Unterstützung zum Erlernen des Topspins zu geben.
Bleibt abschließend nur noch die Frage: Mit welchem Topspin wird begonnen? Mit dem Topspin auf leichten Unterschnitt, wie hier beschrieben, oder auf einen Konter-/Blockball? Dies hängt von den Vorerfahrungen des Kindes ab! Hat das Kind mit dem Schupf(-modell) begonnen, sollte der Topspin entsprechend auf Unterschnitt erlernt werden. Äquivalent sollte der Topspin auf einen Konterball erlernt werden, wenn mit dem Konter(-modell) begonnen wurde.
Den Spinball finden Sie unter anderem im Shop des Verbandes Deutscher Tischtennis-Trainer.
Weitere Artikel in dieser Sidespin-Ausgabe:
Steinbachs Reise – Tischtennis als Spiegelbild als Machtkampf
Rückblick Nachwuchskader im Ausland